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Wohnen und Leben in Nußloch Teil 3
Gemeinde analysiert den Wohnungsbestand und erarbeitet Handlungsempfehlungen
Die Entwicklung von bezahlbarem Wohnraum wird derzeit in vielen Regionen Baden-Württembergs ausgiebig diskutiert. Damit werden Kommunen vor neue Aufgaben gestellt, die sie zusätzlich zu ihrem sonstigen Aufgabenspektrum erfüllen sollen.
Die Gemeinde Nußloch sieht die Sicherstellung von Wohnraum als eine zentrale Aufgabe und mit dieser Motivation werden die Fördermöglichkeiten im Rahmen des Kompetenzzentrum Wohnen BW genutzt. Das Kompetenzzentrum Wohnen BW wurde als ein Baustein der Wohnraumoffensive BW gegründet, um Kommunen bei der Schaffung von Wohnbauland zu unterstützen.
Nachdem der Gemeinderat am 16.02.2022 den Auftrag für die Offensive beschlossen hat, liegen nun die ersten Erkenntnisse vor, die an dieser Stelle in einer kleinen Serie vorgestellt werden. Heute Teil 3 von 3:
Bezahlbarer Wohnraum in Nußloch:
- Aufgrund der voraussichtlich positiven Bevölkerungsentwicklung bis 2030 muss sich das Angebot an Wohnraum – in quantitativer wie auch in qualitativer Hinsicht – einer steigenden und sich qualitativ veränderten Nachfrage anpassen. Bei wachsender Bevölkerungszahl mit gleichzeitig durchschnittlicher Verkleinerung der Haushaltsgrößen entstehen vor dem Hintergrund einer weiteren Ausdifferenzierung der Gesellschaft nach Lebensstilen und Wohnansprüchen neue Wohnraumbedarf
- In einer Studie aus 2019 wird der lokale Wohnungsmarkt trotz der aktuellen Trends auf dem Immobilienmarkt nicht als angespannt bewertet. In der Studie werden fünf Indikatoren betrachtet, die jeweils nicht zutreffen.
- Der Wohnungsversorgungsgrad ist mit 102,1 % (Wohnungen pro Haushalte) vergleichbar hoch und bestätigt die Annahme, dass die Anzahl der verfügbaren Wohneinheiten die der Wohnhaushalte deutlich übersteigt und somit der Wohnungsleerstand in einem hohen Bereich liegen müsste.
- Vergleichbar hohe durchschnittliche Haushaltseinkommen und – im Vergleich zum Oberzentrum Heidelberg – niedrigere Wohnungsmieten führen dazu, dass die Mietbelastungsquote (Anteil der Bruttomiete am Haushaltseinkommen im Durchschnitt) in der Gemeinde Nußloch im Jahr 2018 noch unter dem Landesdurchschnitt liegt (18,7 %, Landesdurchschnitt 19,6 %).
- Auch die Versorgung der Neubürger*innen mit neu geschaffenem Wohnraum wurde in den letzten Jahren sichergestellt; so verlief die Entwicklung des Wohnungsbestandes positiver als die Entwicklung der Anzahl der Wohnhaushalte.
- Zwischen 2012/13 und 2017/18 lag die Steigerung der Angebotsmieten bei 17‚6 % und damit unter dem Landesdurchschnitt (25‚4 %). Man kann jedoch davon ausgehen, dass sich die Angebotsmieten in den Folgejahren sprunghaft nach oben entwickelt haben und so diese Aussage nicht mehr aktuell ist.
- Ein weiterer Indikator betrachtet die Abweichung von Angebotsmieten zu Vergleichsmieten – auch hier herrscht zwar eine deutliche Differenz in Nußloch, diese ist allerdings ebenfalls unterdurchschnittlich im Landesvergleich.
- Somit ist zwar ein angespannter Wohnungsmarkt für die Gemeinde Nußloch nicht nachgewiesen, jedoch sind folgende Punkte bei dieser Aussage zu beachten:
- Die Studie bezieht sich auf die Jahre vor 2019. Seitdem sind in Nußloch sowohl steigende Wohnungsmietpreise sowie auch eine geringere Wohnungsbautätigkeit zu verzeichnen.
- Die Entwicklungen werden nur auf Gemeindeebene betrachtet und sind nicht in einen regionalen Kontext eingebettet. Im nahegelegenen Heidelberg werden alle Indikatoren für einen angespannten Wohnungsmarkt erfüllt. Die Erfahrungen aus Regionen mit einem angespannten Wohnungsmarkt und einem nicht ausreichenden Angebot an Wohnungen haben gezeigt, dass Wohnungssuchende sich zunehmend in der Umgebung umschauen und Nußloch bei einer Entfernung von ca. 10 km vom Stadtzentrum Heidelbergs ein attraktiver Ausweichmarkt darstellen kann.
- Die Haushalte mit geringem Einkommen drängen zwangsläufig zunehmend auf den freien Wohnungsmarkt, sodass es zu einer signifikanten Verknappung von Wohnraum im bezahlbaren Preissegment, mit und ohne Belegungsbindung, kommt. Für diese Haushalte sind wenige Möglichkeiten gegeben, auf dem freien Wohnungsmarkt eine bezahlbare Wohnung zu finden, da das günstige Preissegment derzeit auf dem freien Markt kaum vorhanden ist.
- Geringverdienerhaushalte werden über ihre finanzielle Leistungsfähigkeit hinaus belastet, finden im Bedarfsfall keine bezahlbare Alternative in ihrem sozialen Umfeld und sind daher oft gezwungen, sich andernorts neu zu orientieren.
- Es bietet sich an‚ eine Quotenregelung für den sozialen Wohnungsbau bei Neubauprojekte zu definieren, die sicherstellt, dass in der Gemeinde Nußloch überhaupt wieder Mietwohnungen, die mit einer Belegungsbindung belegt sind, existieren und der jährlich entstehende Bedarf gedeckt werden kann. Diese Quotenregelung würde bei größeren Wohnungsbauprojekten Anwendung finden und die Investor*innen dazu verpflichten, eine bestimmte Anzahl an bezahlbaren Wohnungen im Segment der sozialen Wohnraumförderung zu schaffen.
- Trotz der Bestrebungen zügig neue Sozialwohnungen zu schaffen, wird ein Nachfrageüberhang nach preisgünstigem bzw. bezahlbarem Wohnraum bestehen bleiben.
Dies gilt angesichts der Wohnungsmarktsituation nicht nur für das Segment des Sozialwohnungsbaus, sondern ist insbesondere für das Wohnungsmarktsegment der sogenannten „Schwellenhaushalte“ relevant. Bei Schwellenhaushalten handelt es sich um Haushalte mit einem verfügbaren Einkommen, das knapp über den Grenzen der sozialen Wohnraumförderung liegt. Diese Haushalte hätten per Definition keinen Anspruch auf eine geförderte Wohnung, sehen sich jedoch zunehmend mit den z. T. stark ansteigenden Mietpreisen konfrontiert.
Entwicklungspotential Wohnraum in Nußloch:
- Auf den in Nußloch vorhandenen Flächen besteht ein Potenzial von 203 Wohneinheiten im Innenbereich sowie ein Potenzial von 507 Wohneinheiten im Außenbereich. Insgesamt ließe sich demnach ein Potenzial 710 Wohneinheiten ermitteln, wenn das gesamte potenzielle Bruttobauland (17,2 ha) genutzt werden kann und alle Entwicklungshemmnisse ausgeräumt werden können. Gemessen am Wohnraumbedarf (ca. 300 Wohneinheiten bis zum Jahr 2035) ist das Neubaupotenzial demnach ausreichend. Zusätzlich bestehen Potenziale zur Deckung des Wohnungsbedarfs auf weiteren Baulücken im Innenbereich und in der Aktivierung von Wohnungsleerständen.
Handlungsempfehlungen aus der Studie:
- Dringender Bedarf an Sozialwohnungen – Fortsetzung der Maßnahmen in der Wohnraumoffensive BW und Prüfung weiterer Fördermöglichkeiten im Kompetenzzentrum Wohnen (Konzeptmodule) und Grundstücksfond
- Wohnungspolitischer Beschluss zur Schaffung bezahlbarer Wohnungen, ggf. mit Definition einer Sozialquote für Neubauprojekte
- Ermittlung des Wohnungsleerstands und direkte Ansprache an Wohnungseigentümer*innen
- Prüfung der Fläche “Allming Süd“ mit besonderem Fokus auf Wohnungsbau und sozial geförderten Wohnraum
- Weitere Entwicklungsflächen (insbesondere im Innenbereich) prüfen
Weitere Informationen mit Quellenverzeichnis und Begriffsbestimmungen finden Sie in der ausführlichen Studie auf www.nussloch.de im Bereich Unsere Gemeinde > Sanierung und Ortsentwicklung.
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